Wir brauchen ein Plastikshirt

Wir brauchen ein Plastikshirt

Hä? Brauchen wir nicht das Gegenteil?

Das habe ich damals auch gedacht.

Als ich als Quereinsteiger in die Sporttextilbranche eingestiegen bin, wollte ich das Problem mit dem Mikroplastik angehen. Ich lernte jedoch schnell, dass dies nicht das einzige Problem mit den Sportklamotten ist.

Es ging nicht in meinen Kopf, dass wir Kleidung entwickeln, die vor, während und nach der Nutzung ökologische Probleme mit sich bringt.

Man nehme Erdöl aus der Erde, packt dazu (teilweise bekanntermaßen schädliche) Chemie, produziert daraus ein Sportshirt, Schuhe oder Shorts, … diese verlieren beim Tragen und Waschen kleinste Partikel des Material-Cocktails, welche in Luft und Wasser landen …und ganz am Ende, wenn das Produkt entsorgt wird, landet das (oft durchaus noch tragbare) Produkt für ein paar Hundert Jahre auf der Deponie oder im Ofen.

… mal unabhängig davon, wie gesund oder ungesund es ist, das auf der verschwitzten Haut zu tragen ...

… klingt das nicht nur bescheuert, sondern ist es auch.

Als Verbraucher*in ist uns das aber natürlich meist nicht bekannt und bewusst. Warum auch. Wie sollen wir uns als Konsument*innen mit jedem einzelnen Produkt beschäftigen, welches wir konsumieren. Man hat ja durchaus auch noch andere Dinge zu erledigen.

 

Erkenntnis

Bei runamics hatten wir also zunächst begonnen, mit Naturfasern und Regeneratfasern (d.h. cellulose-basierte Fasern wie Tencel oder Modal) zu arbeiten. Die produzieren zwar auch Abrieb, aber erstmal kein Mikroplastik.

Schnell lernten wir dann jedoch bestimmte Tatsachen kennen, die rational betrachtet viel Sinn ergeben.

Die fortlaufende Förderung von Erdöl stinkt uns allen. Es erscheint so maximal sinnlos, das Zeug unter großem Aufwand aus der Erde zu pumpen, um es dann in Form von Kraftstoffen unwiderruflich zu verbrennen.

Wenn wir den Rohstoff jedoch im Kreislauf führen, ist es objektiv betrachtet nichts anderes, als andere Rohstoffe, die wir aus der Erde holen, um daraus nützliche Dinge zu machen:

  • Zum Beispiel Bauxit für die Produktion von Aluminium, um unsere Trinkflaschen, Fahrräder oder Fensterrahmen zu fertigen
  • Sand für unsere Mehrwegflaschen aus Glas
  • Seltene Erden für unsere Mikrochips, Smartphones und Akkus


Versteht mich nicht falsch. Um all die genannten Rohstoffe sind mittlerweile Diskussionen entbrannt, weil die Förderung der Rohstoffe als kritisch zu betrachten ist und eben auch, weil es per se begrenzte Ressourcen sind.

Doch wie diese Rohstoffe könnte man nun auch Erdöl betrachten, um daraus Kleidung, Kabel, usw. zu fertigen.

All die Dinge könnten im Kreislauf geführt werden. Sie müssen nach der Nutztung nicht unwiderruflich zerstört und verbrannt werden (leider wird vieles davon noch immer nach der Nutzung unwiderruflich zerstört)

Versteht mich nicht falsch, Naturfasern für Textilien sind absolut grandios und ich selbst liebe sie, auch beim Sport.

Um jedoch den textilen Hunger der bald 10 Mrd. Menschen auf der Erde zu stillen, wären sie nicht ausreichend vorhanden bzw. produzierbar. Das heißt man könnte schon, jedoch würde das unvorstellbare andere Probleme mit sich bringen...

Mangelnde Anbauflächen, Monokulturen, exorbitante Pestizidproduktionen, Bodenerosionen, massiver Wasserverbrauch, Biodiversitätsverlust durch Rohdung und Lebensmittel-Konkurrenz-Situationen sind nur einige der mit ihnen verbundenen Probleme.

Es gibt zu viele “Trade-Offs”, also neue Probleme, die durch die vermeintliche Lösung eines anderen entstehen würden.

 

Das Lastenheft

Zudem haben wir in den letzten 3 Jahren runamics gelernt, dass wir Sportler*innen uns über die letzten 40-50 Jahre so sehr an Polyester & Co. beim Sport gewöhnt haben, dass es schwer ist, diese Gewohnheiten abzulegen.

Schließlich hat die Kleidung aus Plastik ihre klaren Vorteile:
  • sie trocknet schnell
  • sie wiegt nicht viel
  • sie erlaubt gestalterisch viel Spielraum
  • usw.

Heute bist Du beim Sport schon eine absolute Rarität, wenn Du in Baumwolle aufläufst. Egal bei welcher Sportart.

Und auch, wenn viele unserer runamics Begleiter sehr gerne in unseren Shirts aus Merino-Tencel oder Biobaumwolle Sport treiben, war uns klar, dass wir ein Funktionsshirt an den Start bringen müssen, mit dem wir mehr Menschen erreichen können. Ein Funktionsshirt, welches sowohl den o.g. funktionalen Ansprüchen von uns Sportler*innen genügt, als auch denen der Umwelt.

Die Ansprüche der Umwelt an uns (Unternehmen) könnten wie folgt formuliert werden:

1) Wenn das Sportshirt kaputt ist, repariere es, um es weiter zu nutzen.

2) Wenn das Sportshirt nicht mehr tragbar ist, zerkleinere es und mach aus dem gleichen Material ein neues Sportshirt

3) Wenn man aus dem Material kein Sportshirt mehr machen kann, kompostiere es, damit das Material noch eine sinnvolle ökologische und energetische Verwertung bekommt

4) Wenn das Material doch auf der Deponie landet, sorge dafür, dass es chemisch unbelastet ist und nicht zur Gefahr wird

Genau solch ein Shirt wollten wir an den Start bringen.

Und wir haben es geschafft ...

 

The PYONEER™

Über solch ein Shirt haben wir bereits vor 2 Jahren bei runamics und mit unseren Partnern diskutiert.

Es gab seitdem sehr viele Prototypen-Runden.

Mit jedem neuen Prototypen kam ein neuer Schwall Motivation, DAS ist er jetzt …

… bis er es dann doch nicht war. Enttäuschung setzte ein. Man hatte es bei Partnern und Kunden schon angepriesen.

Das Shirt wäre revolutionär für Sportvereine und Events. Schließlich hätte man ein Shirt, welches komplett unbedenklich für die Sportler*innen ist und zudem später wieder an runamics zurückgegeben werden kann.

Doch wieder war der Prototyp zu schwer, zu rau, zu transparent, zu dick, usw.

Manchmal wollte ich es einfach hinschmeißen und mich neuen Produkten widmen.

Ein Langlauf später ist der Kopf wieder klar und man schaut aus der Vogelperspektive darauf, warum man das eigentlich macht. Die Motivation kommt zurück.

Und jetzt ist es doch endlich soweit, dass das PYONEER Shirt an den Start gehen kann.

runamics-pyoneer-t-shirt-taubenblau


Es erfüllt alle oben genannten Anforderungen - zumindest rein technisch, denn es ist ja noch nicht in großen Mengen im Umlauf. Und wir können in Europa mit der Produktion starten.

Um die nötige Liquidität für die erste Produktion aufzubringen, sind wir wieder auf eine Crowdfunding-Kampagne angewiesen.

Zusammen mit Euch schaffen wir das also … wortwörtlich.

 

T-Shirt Pfand und Reparaturservice?

Bei der Fertigstellung der Version 1.0 vom PYONEER soll es jedoch nicht bleiben. Das Shirt soll auch im Bereich Service neue Maßstäbe setzen.

Um so wenig Größen-Reklamationen wie möglich zu haben, wollen wir die Maßtabelle für die Online-Bestellung perfektionieren.

Um die Lebensdauer des Produktes zu maximieren, wollen wir neben Pflegetipps einen kostenlosen Reparaturservice anbieten - im Falle eines Defekts kann das Shirt eingeschickt werden und wir kümmern uns um die Reparatur.

Und wenn man sich als Kund*in am Ende der Lebensdauer fragt, wohin mit dem PYONEER Shirt, dann wollen wir das Problem lösen:


Das Shirt kann an uns zurückgeschickt werden und man bekommt seinen Pfand wieder.

Genau, einen T-Shirt Pfand.

So kennen wir es doch von unseren Pfandflaschen auch, oder? Dann muss das doch auch beim T-Shirt funktionieren. Alternativ kann der Pfand auch auf ein neues Shirt angerechnet werden.

Vielleicht ja gibt es dann ja schon die PYONEER Version 2.0 :-)


Weiter geht´s!

Euer Steffen

runamics-steffen-otten
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5 Kommentare

Danke für Eure tollen Kommentare!

@Florian Wegener: Einige der Probleme vom Mikroplastik aus herkömmlichem Polyester oder rPET sind, dass sich das Material mit der Zeit nicht biologisch abbauen kann und zudem die o.g. bedenklichen Chemikalien enthält. Zum Beispiel Weichmacher, welche als hormonaktive Substanzen bezeichnet werden. Hormonaktive Substanzen können z.B. die Fähigkeit sich fortzupflanzen einschränken, bei Lebewesen, die damit in Kontakt kommen oder es verdauen. Also, ja, es gibt Mirkoplastik, aber umweltsicheres :-) LG und danke für Dein Interesse, Steffen

Steffen von runamics

Super Idee!!! Weiter so und ich bin sehr auf das Shirt gespannt. 👍☺️

Diana

Normal bin ich zu faul sowas zu lesen, aber fand es interessant. Toller Ansatz! Jetzt bin ich aber auf das Shirt gespannt und wie es sich trägt.

Gruß aus der Eifel, KAY

Kay

Sauber…..weiter so, Steffen 😉✊👌

Steffen

Hey, finde die Idee toll, Sachen einen Kreislauf durchlaufen zu lassen. Wenn das Shirt aus Kunststoff ist, gibt es dann nicht auch das Problem von Mikroplastik in der Umwelt?
Gruß Flo

Florian Wegener

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